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12.09.2022

Die Chefin empfiehlt: glutenfrei, vegetarisch, laktosefrei

Samstag, 14.00 Uhr, Grossaffoltern: Nadia Ramseier macht sich auf den Weg nach Lyss zum Einkaufen. Mit dabei: ein Zettel voller Zutaten, mit denen sie das geplante Dreigang-Menü für ihre von Allergien und Intoleranzen betroffenen Gäste kochen will.

«Ab sofort gilt die Regel, dass man die Zutatenlisten der Produkte immer genau kontrolliert», weiss Nadia Ramseier, leidenschaftliche Köchin, Expertin bei aha! Allergiezentrum Schweiz und Ernährungsberaterin. Dreimal ist die Empfehlung: beim Einkaufen, beim Einräumen zuhause und danach vor dem Kochen. «Nur so kann ich sicherstellen, dass ich nichts übersehen habe.» Nadia weiss aus Erfahrung, dass Fehler passieren, wenn die Details nicht genau überprüft werden.

Sonntagmittag: Nadia geht nochmals die Reihenfolge und Abläufe durch. In den vergangenen Tagen hat sie in ihrer Umgebung Baumnüsse gesammelt, die sie fürs Menü braucht. Sie bezeichnet sich persönlich als Flexitarierin: «Ich esse aus ökologischen Gründen nicht allzu viel Fleisch und finde immer wieder interessante Alternativen. Dabei ist es mir wichtig, dass der Eiweissbedarf auch bei vegetarischen Mahlzeiten abgedeckt ist.» Das Menü von morgen hat sie bereits im Kopf – auch die verschiedenen Ansprüche in Bezug auf ihre Gäste bereiten ihr kein Kopfzerbrechen. «Für mich geht es um die Inklusion: Damit alle mitessen können, ist eine gute Planung zentral. So vermeide ich, dass es beim Kochen ungewollt zu Vermischungen kommt», erklärt sie. Ist es eigentlich aufwändiger, für Menschen mit Allergien und Intoleranzen zu kochen? «Ich finde es in erster Linie eine angenehme Herausforderung und ich nehme auch gerne Rücksicht. Und es ist spannend, etwas zu finden, das für alle passt», erklärt die Allergieexpertin.

Nadia Ramseier achtet beim Kochen auch darauf, dass sie nicht zu viele Lebensmittel einkauft: «Food Waste zu vermeiden ist für mich eine Herzensangelegenheit. Ich versuche, mich nicht von Aktionen verleiten zu lassen und kaufe nur Dinge, die ich auch wirklich verwenden will. Und wenn beispielsweise mal zu viel Brot übrigbleibt, macht man eben Croutons für einen Salat oder eine feine Suppe. Es gibt immer wieder tolle Möglichkeiten, Resten zu verwerten», ist sie überzeugt.

Montag, 16.15 Uhr: Nadia Ramseier hat sich extra den Nachmittag freigenommen, um ihren anspruchsvollen Dreigänger zu kochen. Eingeladen hat sie Harry, einen Vegetarier mit Laktoseintoleranz, Linda, die Zöliakiebetroffene sowie Nathan, der eine Ei-Allergie sowie starke Haselnussallergie hat. Woher aber holte sie sich ihre Inspiration? «Neben den Ideen aus Kochzeitschriften, inspiriert mich das Dinieren im Restaurant. Ich probiere auch immer wieder gerne neue Dinge aus. Entscheidend ist, dass ich saisonale Zutaten verwenden kann.»

Bei der Zubereitung achtet Nadia darauf, dass die Rührlöffel, Kochtöpfe und Schneidebretter sauber sind – am besten frisch aus der Abwaschmaschine. Schliesslich bereitet sie die Zutaten vor. «Wichtig ist, dass ich glutenfreie Gewürze verwende. Und aufpasse, dass sich wirklich keine Allergene in den Lebensmitteln befinden.» Hier nennt Nadia auch gleich ein Beispiel: «Wenn man eine Packung Baumnüsse kauft, kann diese Spuren von Haselnüssen beinhalten, weil im gleichen Betrieb auch Haselnüsse verarbeitet werden. Das kann für schwere Allergikerinnen und Allergiker fatal sein.» In der Schweiz müssen 14 Allergene klar sichtbar deklariert werden, auch wenn es sich nur um Spuren handelt.

18.00 Uhr: Nadias Gäste treffen ein. Das Erstaunliche: Weder Harry, Linda noch Nathan wagen einen kritischen Blick in die Küche oder fragen nach, ob Nadia ihre Allergien beziehungsweise Intoleranzen berücksichtigt. Sie erfreuen sich vielmehr an den knackigen Apérogebäcken. Harry: «Ich vertraue Nadia, da sie uns gut kennt. Sonst erkundige ich mich immer nach den Zutaten.» Sagt’s und gönnt sich einen Schluck St. Saphorin. Auch Linda und Nathan freuen sich auf die bevorstehenden Happen. Nichtsdestotrotz klärt Nadia alle über die Zutaten auf. «Das gehört sich so», begründet sie.

Was für das Essen gilt, betrifft übrigens auch die Getränke. Nadia Ramseier nennt drei Beispiele: «Bier enthält Gluten – als Alternative bietet sich Reisbier an. Im Wein muss man auf den Sulfit-Gehalt achten und bei den Süssgetränken auf die Fruktose – insbesondere bei den Fruchtsäften.»

Nadia serviert den Salat – und erntet Komplimente dafür: «Die gerösteten Baumnüsse sind der Hammer», urteilt Linda derweil Harry mit dem glutenfreien Brot die leckere Salatsauce tunkt. Kurz darauf folgt der Hauptgang: «Das ist mein erstes Stroganoff…», offenbart Nadia. Die pflanzlich basierte Fleischalternative ist zart und der Kartoffelstock die perfekte Ergänzung dazu.

Schliesslich: Der Nachtisch. Das Beeren-Crumble mit Vanille-Glace ist die Krönung. Besonders für Nadia, die sonst auch schon mal eine dreistöckige Geburtstagstorte aus dem Hut zaubert: «Ich liebe die Zubereitung aufwändiger Desserts – besonders wenn ich mir dafür genug Zeit nehmen kann.»

Fazit: Das Kochen für Menschen mit Allergien und Intoleranzen braucht viel Aufmerksamkeit und ist anspruchsvoll. Doch im Hinblick auf die zufriedenen und dankbaren Gesichter der Gäste ist es der Aufwand allemal wert. «Kochen ist im Prinzip etwas Einfaches – wenn man sich etwas hineingibt. Und es muss ja nicht immer eine Riesensache sein. Man darf dabei auch mal Convenience-Produkte verwenden. Wichtig ist die Ausgewogenheit, also dass die drei Komponenten Gemüse, Kohlenhydrate und Eiweiss enthalten sind», erklärt Nadia Ramseier abschliessend.

Der Text ist im aha!magazin erschienen. Dieses kann man kostenlos abonnieren.

 

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