Nahrungsmittelallergie
Grundsätzlich kann jedes Nahrungsmittel eine Allergie auslösen. In der Schweiz sind schätzungsweise 2-6% der Bevölkerung betroffen.

Inhaltsübersicht:
Die Medizin unterscheidet neun Allergietypen – je nachdem welche Reaktionen das Allergen hervorruft. Bei Nahrungsmittelallergien vom Soforttyp (Typ 1) sind spezifische Antikörper, sogenannte IgE, beteiligt.
Man unterscheidet zudem zwischen primären und sekundären Nahrungsmittelallergien. Sekundäre Allergien werden auch als Kreuzreaktionen bezeichnet.
Obwohl primäre Nahrungsmittelallergien auch bei Erwachsenen auftreten können, entwickeln sie sich meistens bei kleinen Kindern. Eine erbliche Veranlagung erhöht das Risiko, ebenso wie ein schweres atopisches Ekzem. Einige Allergien (vor allem gegen Kuhmilch und Eier) verschwinden oft nach ein paar Jahren wieder. Allergien gegen Fisch, Nüsse und Erdnüsse bleiben jedoch oft bestehen.
Sekundäre Nahrungsmittelallergien (Kreuzreaktionen) treten vor allem bei Schulkindern, Jugendlichen und Erwachsenen auf. Die Betroffenen leiden meist an einer Atemwegsallergie, zum Beispiel gegen Birkenpollen. Viele pflanzliche Nahrungsmittel wie Äpfel enthalten Proteine, die den Birkenpollen ähneln. Das Immunsystem kann diese verwechseln und der Körper reagiert auf das gegessene Nahrungsmittel, obwohl er nicht direkt dafür sensibilisiert ist.
Mehr Informationen über Kreuzreaktionen.
Auslöser
Die Nahrungsmittel, die eine allergische Reaktion auslösen, sind bei Kindern oft andere als bei Erwachsenen. In der Schweiz sind bei Kindern neben Erdnüssen und Nüssen auch Kuhmilch und Eier häufige Auslöser. Bei Erwachsenen, die meist sekundäre Nahrungsmittelallergien haben, sind die häufigsten Auslöser Nüsse, Obst und Gemüse.
Mehr Informationen und praktische Tipps zu häufigen Nahrungsmittelallergien finden Sie auf den entsprechenden Seiten:
Symptome
Die Symptome einer primären Nahrungsmittelallergie können sehr unterschiedlich sein. Es kann Juckreiz an den Lippen, Hals, Händen und Füssen oder im Genitalbereich geben. Auch Hautausschlag (Urtikaria) oder Schwellungen im Gesicht, an den Händen oder Füsse sind möglich. Symptome können auch im Magen-Darm-Trakt auftreten, wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfe oder Durchfall. Im Atmungssystem können beispielsweise Atembeschwerden oder Husten auftreten. Im Kreislaufsystem kann es zu allgemeinem Schwächegefühl, Blutdruckabfall oder Herzklopfen kommen.
In den schwersten Fällen kann die Reaktion einen lebensbedrohlichen Zustand auslösen. Die schwerste Reaktion einer Allergie nennt man Anaphylaxie. Es ist eine Notfallsituation, die sofortige medizinische Hilfe erfordert.
Mehr Informationen über Anaphylaxie.
Die typischen Symptome einer sekundären Nahrungsmittelallergie treten vor allem im Mund und Rachen auf. Sie werden auch als orales Allergiesyndrom oder orales Kreuzallergiesyndrom bezeichnet. Die häufigsten Symptome sind Juckreiz an den Lippen und im Rachen, ein teigiges Gefühl im Mund, Schwellungen der Lippen, Zunge, Wangen und des Rachens. Manchmal gibt es auch ein leichtes Engegefühl. Schwerwiegendere Beschwerden sind selten.
Diagnose
Wenn eine Nahrungsmittelallergie vermutet wird, ist es wichtig, dass ein Allergologe, eine Allergologin eine gründliche Untersuchung durchführt. Eine vollständige Diagnose umfasst ein ausführliches Gespräch über die Krankengeschichte (Anamnese) sowie Haut- und Bluttests. In einigen Fällen sind auch Provokationstests nötig, um eine Diagnose zu bestätigen oder auszuschliessen oder um zu sehen, wie viel von einem bestimmten Nahrungsmittel der Betroffene verträgt (Toleranzschwelle bestimmen).
Behandlung
Sobald eine Nahrungsmittelallergie diagnostiziert und das auslösende Allergen gefunden wurde, besteht die Behandlung hauptsächlich darin, das Allergen zu vermeiden. Auf der Grundlage der Testergebnisse und der Anamnese entscheidet der Arzt, die Ärztin über eine individuelle Diät, die festlegt, ob der Verzehr von „Spuren“ erlaubt ist oder nicht.
In der Schweiz müssen 14 Zutaten, die Allergien oder andere unerwünschte Reaktionen auslösen können, in der Zutatenliste von Lebensmittelverpackungen klar gekennzeichnet werden (z.B. fett, kursiv oder in Grossbuchstaben). Auch wenn diese Zutaten nicht absichtlich einem Lebensmittel beigemischt werden, sondern unbeabsichtigt hineingelangen, muss darauf hingewiesen werden. Man bezieht sich hierbei auf unbeabsichtigte Vermischungen, die auch als „Spuren“ bezeichnet werden. Diese Kennzeichnung ist jedoch nur verpflichtend, wenn ein festgelegter Grenzwert überschritten wird. In diesem Fall verwendet man Formulierungen wie „kann ... enthalten“ oder „kann Spuren von ... enthalten“.
In Betrieben, die Offenverkauf anbieten (z.B. Bäckereien, Metzgereien, Restaurants, Imbissstände), muss schriftlich darauf hingewiesen werden, dass die Informationen zu den Allergenen mündlich eingeholt werden können.
Mehr Informationen über die Deklaration von Allergenen.
Trotz grösster Sorgfalt kann es vorkommen, dass Allergene versehentlich konsumiert werden. Personen mit einer Nahrungsmittelallergien müssen daher Notfallmedikamente bei sich haben, die ihr Arzt/ ihre Ärztin verschrieben hat. Ein Notfallset besteht normalerweise aus einem Antihistaminikum in Form von Tabletten oder Tropfen und bei schweren Allergien, einem Adrenalin Fertigspritze. Manche Ärzte/Ärztinnen fügen auch eine Kortisontablette hinzu. Ein Asthmaspray kann bei Personen mit einem diagnostizierten Asthma ebenfalls Teil des Sets sein. Der Arzt, die Ärztin muss der betroffenen Person erklären, wie die Notfallmedikamente und der Adrenalin Fertigspritze richtig angewendet werden.
Die orale Immuntherapie ist eine relativ neue Methode zur Behandlung von Nahrungsmittelallergien, vor allem bei Kindern. Diese Methode erhöht die Toleranz gegenüber den beteiligten Allergenen und verringert das Risiko einer schweren Reaktion, wenn eine kleine Menge des Allergens versehentlich aufgenommen wurde. Die Lebensqualität der betroffenen Kinder und ihrer Familien kann dadurch deutlich verbessert werden.
Die orale Immuntherapie wird derzeit für Allergien gegen Milch, Eier und Erdnüsse empfohlen, kann aber auch bei anderen Allergien wie Nüsse oder Weizenin Betracht gezogen werden. Die Behandlung muss immer von einem Allergologen, einer Allergologin verschrieben und genau überwacht werden. Die Behandlung darf nur unter Aufsicht und mit Genehmigung des behandelnden Arztes, der behandelnden Ärztin durchgeführt werden.
Mehr Informationen über allergenspezifische Immuntherapie.
Tipps und Tricks
- Bei Gefahr einer schweren allergischen Reaktion (Anaphylaxie) sollte das Notfallset immer griffbereit sein. Die betroffene Person und ihre Umgebung sollten wissen, wie sie im Notfall reagieren müssen. aha! Allergiezentrum Schweiz bietet Schulungen für Betroffene und deren Angehörige an, um dies zu lernen. Zu den Schulungen.
- Die Liste der Zutaten sollte, auch bei bekannten Produkten, vor jedem Kauf neu überprüft werden. Die Zusammensetzung kann sich jederzeit ändern. Wenn Sie sich nicht sicher sind, fragen Sie die Herstellerin oder den Händler. Die Kontaktdaten stehen auf der Verpackung.
- Die Kennzeichnung von Allergenen in Lebensmitteln kann von Land zu Land unterschiedlich sein. Informieren Sie sich vor einer Reise ins Ausland und bereiten Sie sich entsprechend vor.
Zahlen und Fakten
- Etwa 2-6% der Schweizer Bevölkerung haben eine Nahrungsmittelallergie.
- Mehr als 70% der Birkenpollenallergiker und -allergikerinnen in Europa zeigen Kreuzreaktionen mit Nahrungsmitteln.
Quellen
Ulrich Keller et al. (2012) Sechster Schweizerischer Ernährungsbericht. Bundesamt für Gesundheit (BAG). Available at: https://www.blv.admin.ch/blv/de/home/lebensmittel-und-ernaehrung/publikationen/statistik-und-berichte-ernaehrung.html.
Bellutti Enders, F. et al. (2023) ‘Orale Immuntherapie bei Nahrungsmittelallergien: Praktische Empfehlungen für das Patientenmanagement in der Schweiz’, Paediatrica, 35. Available at: https://doi.org/10.35190/Paediatrica.d.2024.1.6.
Geroldinger-Simic, M. et al. (2011) ‘Birch pollen-related food allergy: clinical aspects and the role of allergen-specific IgE and IgG4 antibodies.’, The Journal of allergy and clinical immunology, 127(3), pp. 616-622.e1. Available at: https://doi.org/10.1016/j.jaci.2010.10.027.
Worm, M. et al. (2021) ‘Update of the S2k guideline on the management of IgE-mediated food allergies.’, Allergologie select, 5, pp. 195–243. Available at: https://doi.org/10.5414/ALX02257E.
Redaktion: aha! Allergiezentrum Schweiz, in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftlichen Beirat.